Hans und Franz

Ein kleines Märchen, mit dem ich mich für heute von euch verabschieden möchte. Tschüssi, bis morgen meine Lieben!

Es waren einmal zwei Brüder, die in einem breiten, grünen Tal lebten. Sie besaßen ein Haus auf der Schattenseite des Tals und einen Weinberg, der auf der Sonnenseite lag. Einen großen Teil dieser herrlichen Früchte tauschten die beiden Brüder Hans und Franz in jedem Herbst gegen andere Sachen ein, die sie dringend brauchten.

So verstrichen die Jahre. Die Brüder wurden älter. Hans bekam schon die ersten grauen Haare. Franz, der Jüngere, machte sich deshalb über den Bruder lustig, hänselte ihn jeden Tag. So wurde Hans von Tag zu Tag trauriger, sagte aber nie ein Wort darüber, wie ihn der Hochmut des Bruders kränkte. Alles hatte Franz von Hans gelernt, denn es gab zu jener Zeit noch keine Schulen. Hans hoffte von Woche zu Woche, daß Franz vernünftiger werden würde. Er spielte an manchen Abenden auf der Geige oder sang zur Gitarre, weil Franz Musik so gern mochte.

Eines Tages nahm sich Hans vor, für Franz eine Geige zu bauen und ihm das Spiel beizubringen. Er brauchte ein ganzes Jahr, bis das Instrument fertig war. Als wieder ein Geburtstag von Franz gekommen war, freute sich Hans darauf, die große Überraschung des Bruders zu erleben. Aber Franz freute sich nicht ein bißchen! Er sagte nicht einmal Danke. Dieses Wort war sowieso schon lange nicht mehr von ihm zu hören. Franz warf die Geige aus dem Fenster und sie zerbrach. Da wurde Hans unsagbar traurig und in dieser Traurigkeit wurden alle seine Haare grau.

Plötzlich zitterte die Erde und das Licht veränderte sich. Dann stand die Glücksfee im Zimmer. Sie sprach: „Franz, du hast ein hartes Herz bekommen, weil du seit Jahren das Wort »Danke« vergessen hast. Du hast auch ein enges Herz bekommen, weil du das Wort »Verzeihung« aus deinem Wortschatz gestrichen hast. Nun bist du allein. Vielleicht kann dich ein guter Mensch eines Tages von deinem Hochmut befreien.“

Damit hob sie Hans auf ihre Arme und schwebte mit ihm hinaus und über die sieben Berge. In einem besseren Tal erlöste sie ihn aus seinem Schlaf und sagte mit sanfter Stimme: „Franz wird dich in sieben Tagen anfangen zu suchen, und in sieben Jahren wird er dich hier auch finden. Bis dahin wird er viel, viel Bitteres in der Welt erleben. Sei dann wieder gut zu ihm wie früher. Denn ihr Menschen könnt nur glücklich sein, wenn ihr gut und lieb zueinander seid.“
Danach schwebte sie davon.


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